Wer war Eigentümer des Aufbau-Verlages in der DDR?

 

Der Aufbau-Verlag wurde 1945 für den Kulturbund e. V. gegründet und war der wichtigste Literaturverlag der DDR. Die Treuhandanstalt verkaufte im Jahre 1991 mit der Behauptung, die Verlage seien Volkseigentum gewesen, die Geschäftsanteile an einer angeblichen Aufbau-Verlag GmbH i. A. und einer Rütten & Loening GmbH i. A. an den Verleger Bernd F. Lunkewitz. Im Herbst 1994 informierte ihn die „Unabhängige Kommission zur Überprüfung des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR“, dass der Aufbau-Verlag noch immer Eigentum des Kulturbunds ist. Die Treuhandanstalt bestritt das vehement. Der Verleger kaufte persönlich den Verlag auch vom Kulturbund e.V. und verklagte die inzwischen in „Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben“ (BvS) umbenannte Treuhandanstalt, um die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse des Verlages festzustellen.

Der Bundesgerichtshof bestätigte im Jahre 2008 die aufgrund „der unstreitigen Tatsachen und der vorgelegten Dokumente“ ergangenen Urteile des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, dass die von der Treuhandanstalt verkauften Geschäftsanteile nie existierten, weil der Aufbau-Verlag nicht volkseigen und deshalb nicht Eigentum der Treuhandanstalt war und dass der Verleger persönlich erst im Jahre 1995 das Eigentum am Aufbau-Verlag wirksam vom Kulturbund e. V. erworben hatte.

Die von Bernd F. Lunkewitz gegründete BFL-GmbH als Käufer der nichtexistierenden Geschäftsanteile, verklagte in 2009 die BvS auf Feststellung ihrer Pflicht zum Schadensersatz, da sie die Nichtigkeit der Kaufverträge verursacht und verheimlicht hatte.

Die BFL-GmbH trug in der Klage vor, daß der Kulturbund am 1.3.1946 alle Geschäftsanteile an der 1945 gegründeten Aufbau-Verlag GmbH erworben hat und damit alleiniger Eigentümer des Aufbau-Verlages wurde. Nach dem die Beklagte diese Tatsache bestritt, hat die Klägerin durch die Vorlage der notariellen Urkunden den rechtmäßigen Erwerb der damaligen Aufbau-Verlag GmbH durch den Kulturbund zweifelsfrei bewiesen.

Darüber hinaus hat sie auch den Fortbestand des Eigentums des Kulturbunds am Aufbau-Verlag bewiesen. Der Kulturbund erhielt 1951 mit der Auflage seines alleinigen Eigentums die bis zu Wende bestehende Lizenz für die Tätigkeit des Verlages in der DDR. Der Kulturbund veranlasste die Eintragung des Aufbau-Verlages als organisationseigener Betrieb („Unternehmen des Kulturbunds“) im Handelsregister C und erließ 1961 das bis zum Ende der DDR gültige Statut für den „Aufbau-Verlag, Verlag des Deutschen Kulturbunds“. In 1964 schloss der Kulturbund mit dem Ministerium für Kultur den Vertrag zur Verwaltung des Verlages. Das Politbüro der SED und der Ministerrat der DDR bestätigten, dass die Eigentumsverhältnisse am Aufbau-Verlag nicht verändert werden. Der Kulturbund nahm an allen Rechenschaftslegungen des Verlages teil und erhielt bis zur Wende die jährlichen Gewinne als „Verlagsabführungen“.

Das Eigentum des Kulturbunds am Aufbau-Verlag war allgemein anerkannt, auch von der Bundesregierung. Das Ministerium für innerdeutsche Beziehungen bestätigte 1985 im Handbuch DDR: „Der Aufbau-Verlag gehört dem Kulturbund“. Im September 1994 erklärte die Unabhängige Kommission in ihrem einstimmigen Beschluss BU 576, dass der Aufbau-Verlag Eigentum des Kulturbunds e. V. ist.

Als kollektives Eigentum der 260.000 Mitglieder des Kulturbunds stand der Aufbau-Verlag unter dem besonderen Schutz der Verfassung der DDR. Danach war eine Enteignung ausgeschlossen und wäre seine wirksame Übertragung an die SED oder in Volkseigentum nur durch die Gremien des Kulturbunds möglich gewesen. Für einen solchen „Übertragungsakt“ gibt es in den Akten der Institutionen der DDR keinerlei Anhaltspunkte.

Der Richter Dominik Reith behauptet trotzdem im Urteil des Landgerichts Berlin: es „spricht vieles dafür, dass eine wirksame Rechts- und Vermögensübertragung stattgefunden hat. Demnach wurden beide Verlage durch die SED in Volkseigentum übertragen“ Seine einzige Begründung dafür ist „dass der SED als herrschender Partei in einer Ein-Parteien-Diktatur hierzu die Rechtsmacht gefehlt hätte, erscheint fernliegend.“ Die angebliche „Übertragung in Volkseigentum“ erfolgte erst im April 1990. Was sonst noch „vieles“ für das Eigentum der SED am Aufbau-Verlag spricht, blieb sein Geheimnis.

Nach ständiger Rechtsprechung müsste aber vor Gericht jede Partei die für sie günstigen Umstände und Tatsachen darlegen und beweisen, aus denen sich die für sie positive Rechtsfolge ergibt. Die BvS hätte daher beweisen müssen, dass, wann und wodurch die SED das Eigentum am Aufbau-Verlag wirksam vom Kulturbund erworben hat. Denn davon hängt auch die Wirksamkeit der nachfolgenden angeblichen Übergabe des Verlages in Volkseigentum, dessen gesetzliche Umwandlung in eine GmbH i. A. der Treuhandanstalt und die Erfüllung des Kaufvertrages mit der Klägerin ab. 

Entgegen der Feststellungen des BGH zu den vom OLG Frankfurt klar und eindeutig beurteilten „unstreitigen Tatsachen und der vorgelegten Urkunden“ hat der Richter Dominik Reith stattdessen die Klage abgewiesen, weil angeblich „eine Aufklärung der Übertragungsvorgänge nicht möglich ist und daher nach den hier anzuwendenden Beweislastgrundsätzen von einer rechtswirksamen Übertragung“ (des Verlages auf die Klägerin) „durch die Beklagte auszugehen ist“.

Der Richter Dominik Reith verschweigt in seinem Urteil, warum es „nicht möglich ist“, den angeblichen „Übertragungsvorgang“ des Eigentums am Aufbau-Verlag vom Kulturbund auf die SED zu beweisen. Die von der Klägerin als Zeugen benannten damals Verantwortlichen der SED/PDS hat er nicht befragt. Sie hätten diese Frage klar beantwortet: der Beweis ist offensichtlich „nicht möglich“, weil der angebliche „Übertragungsvorgang“ nie stattgefunden hat.

Nach der Wende im November 1989 wurde die staatliche Finanzierung des Kulturbunds beendet. Der Präsident und die Mitglieder des Präsidialrats traten zurück. Die Organisation war handlungsunfähig und drohte unterzugehen. Um den Aufbau-Verlag zu erhalten, deklarierte die SED/PDS den Verlag als ihr Eigentum, verschaffte ihm 9,6 Millionen Mark aus ihrem Alt-Vermögen und übergab ihn ohne Mitwirkung des Kulturbunds – und daher unwirksam – in Volkseigentum. Die Klägerin hat nachgewiesen, dass die PDS schon 1992 der Treuhandanstalt und dem Vermögensamt angab, dass sie nie Eigentümerin des Aufbau-Verlages war. Der damalige Schatzmeister der PDS, Dietmar Bartsch, hat das in 1995 dem Aufbau-Verlag schriftlich bestätigt und der langjährige Stellvertretende Minister für Kultur und Leiter der HV Verlage und Buchhandel, Klaus Höpcke, hat 2018 eidesstattlich versichert, dass er persönlich zur Rettung des Aufbau-Verlages die Gremien der PDS im Januar 1990 davon überzeugt hat, den Aufbau-Verlag fälschlich als Eigentum der SED zu deklarieren, um ihn – allerdings unwirksam – in Volkseigentum zu übertragen.

Die Klägerin hat nachgewiesen, dass die Treuhandanstalt, schon bevor sie dem Notar die Zustimmung zum Verkauf der Aufbau-Verlag GmbH i. A. übersandte, den Käufer nicht nur schwere Lizenzverletzungen durch den Verlag, sondern auch das fortbestehende Eigentum des Kulturbunds verheimlichte und sich anschließend jahrelang mit der Unabhängigen Kommission um die Verteilung des erschwindelten Verkaufserlöses stritt.

Das Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen, das wie die damalige Unabhängige Kommission dem Bundesinnenminister untersteht, bestätigte am 2.12.2021 dem Kulturbund, dass er sein bis zum Jahre 1995 fortbestehendes Eigentum am Aufbau-Verlag wirksam an den Verleger Bernd F. Lunkewitz übertragen hat.

Ein nach dem Recht der DDR – so etwas gab es – wirksamer „Übertragungsakt“ des Kulturbunds über sein Eigentum am Aufbau-Verlag an die SED oder ähnlich wirkende Verfügungen des nach der Satzung des Kulturbunds dafür allein zuständigen Präsidenten und des Präsidialrats wurden von der Beklagten weder vorgelegt noch bewiesen.

Für die Kläger ist der Nachweis eines wirksamen „Übertragungsaktes“ des Aufbau-Verlags vom Kulturbund an die SED leichter zu verkraften als die unerträgliche gezielte Beugung und Missachtung des Rechts durch deutsche Richter, die sich nicht dem Gesetz, sondern den fiskalischen und politischen Interessen der Bundesregierung verpflichtet fühlen

Obwohl nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz gilt, dass derjenige die Umstände darzulegen und zu beweisen hat, aus denen sich die für ihn positive Rechtsfolge ergibt, hat die BFL-GmbH nun eine Belohnung in Höhe von 100.000 € für den von der beklagten BvS zu erbringendem Beweis für deren wirksamen Eigentumserwerb ausgelobt.

Bernd F. Lunkewitz

100.000 € Belohnung für den dokumentarischen Nachweis eines wirksamen Rechtsaktes (Verkauf, Schenkung, Enteignung) der „Rechts- und Vermögensübertragung“ des Eigentums am Aufbau-Verlag vom Kulturbund auf die SED.

Originaldokumente bitte an: Archiv des Aufbau-Verlages Staatsbibliothek zu Berlin Unter den Linden 8, 10102 Berlin

Kopie an BFL-Beteiligungsgesellschaft mbH, info@bfl-beteiligung.de

 

Eine Bankrotterklärung der deutschen Justiz.

Hier ist die mündliche Begründung des Richters Dominik Reith bei der Urteilsverkündung am 29.10. 2021:

Verkündungstermin der 15. Kammer, Landgericht Berlin, am 29.10.2021. 

Transkript der Stenographischen Mitschrift.

Dominik Reith als Einzelrichter verkündet:

„Es erscheinen bei Aufruf für die Klägerin deren Geschäftsführer sowie Herr Rechtsanwalt Schrader. Punkt, neuer Absatz. Gut, dann erheben sie sich bitte zur Urteilsverkündung.

Es ergeht im Namen des Volkes das folgende Urteil:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Bitte nehmen Sie Platz.

So, kurz, äh, zur Urteilsbegründung:

Es ist ja nicht, nicht das erste, das erste Urteil dieser Art, deswegen habe ich mich auch im Urteil auf bereits ergangene Urteile, äh, beziehen können.

Es ist hier im, äh, Schadensersatzrecht so, äh, dass der, dass die Klägerin, äh, die Anspruchsbegründenden Voraussetzungen, äh, die Beweislast trägt, das heißt auch, dass sie die Beweislast dafür trägt, äh, dass es äh tatsächlich, äh, so gewesen ist, äh, dass dieser Veräußerungsvertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt worden ist. Dass hier also tatsächlich nur eine leere Hülle, äh, an sie veräußert werden konnte. Und hier hat auch schon im Vorverfahren das Kammergericht ähm ausgeführt und das war ja auch die Linie der Berliner Rechtsprechung, dass davon nicht sicher ausgegangen werden kann, weil es eben doch in Betracht kommt, äh, dass die Veräußerungskette so war, dass hier diese beiden streitgegenständlichen Verlage zu Volkseigentum geworden sind, nämlich durch erst eine Übertragung an die SED/PDS und dann in einem zweiten Schritt, äh, dann in das Volkseigentum und dass es nicht so war,  dass es hier beim ersten Rechtsträger, dem Kulturbund quasi immer verbleiben ist.  Ja die, die ganzen Vorgänge sind so verworren und  äh, schwer aufzuklären, dass ich mir hier diese, diese Gewissheit nicht verschaffen konnte. Man muss auch sagen, auch die Frankfurter Rechtsprechung, die im Ergebnis anders geurteilt hat, hat aufgrund einer Beweislastentscheidung entschieden. Nur, dass dort eben die Beweislastverteilung andersherum war. Und daraus erklärt sich dann, äh, diese unterschiedlichen Bewertungen eines Falles, sodass auch ich hier der Meinung war, dass hier eine Nichterfüllung als Grundvoraussetzung eines Schadens, äh, nicht sicher bewiesen ist.

Äh, ein weiterer Punkt ist, weshalb ich zur Klageabweisung komme – das hat auch schon mal das Landgericht Berlin so gesehen – äh, dass die Ansprüche ganz einfach auch verjährt sind. Die Feststellungsklage hätte schon deutlich, äh, früher eingereicht werden können und auch eingereicht werden müssen, äh, da hier der Klägerin und der für sie handelnden maßgeblichen Personen, hier der Geschäftsführung eben doch schon seit vielen Jahren bekannt ist, äh, dass es hier bei dieser Veräußerung Probleme gegeben haben könnte. Dass das mit Rechtsunsicherheiten einhergeht und man nicht sicher sagen kann, wie die Rechtslage ist, hindert nicht daran, dass die Erhebung einer verjährungshemmenden Feststellungsklage zumutbar ist. So dass ich hier auch von einer Verjährung, äh, der Schadensersatzansprüche ausgehe. Und letzten Endes ist es auch so, äh, dass es für mich nicht erkennbar ist, dass hier von Seiten der Beklagten tatsächlich eine Pflichtverletzung, äh, begangen worden ist, was hier die Veräußerungsgeschichte der Verlage angeht. Sie haben ja hier, äh, auf ne wirklich große Zahl, äh, an, an, äh Dokumenten, äh, verwiesen und, und vorgetragen, äh, aus denen sich auch viel ergibt, aber aus denen sich vor allen Dingen ergibt, dass Zweifel, äh, daran bestehen konnten, äh, ob, ob die SED/PDS wirksam auch weiterübertragen hat in Volkseigentum – aber das ist hier nicht die Haftungsvoraussetzung. 

Ne, die, die kausale Voraussetzung für, für äh, diese Klageforderung ist, dass der erste Übertragungsakt nämlich vom Kulturbund, dass der gescheitert ist. Ja, und die ganzen Dokumente, die, zum zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und vor dem Vertragsschluss vorgelegt worden sind, die begründen keine Zweifel daran, dass es, dass, äh, oder keine Umstände, dass man hätte daran zweifeln müssen, dass die SED/PDS hier Eigentümerin als Nachfolgerin des Kulturbundes geworden wäre. Die Dokumente, wo diese Zweifel aufgeworfen sind, die sind erst deutlich nach Vertragsschlie… Vertragschluß aufgetaucht und erst später auf diesen auch erst dort, äh, entstanden. Ja, das ergibt sich ganz klar aus den Datierungen der jeweiligen Dokumente, ja, sodass ich auch selbst wenn man die Verjährung hinten anstellt und wenn selbst wenn man unterstellt, dass diese Rechtsgeschäfte als leere Hülle schiefgegangen sind, dass ich selbst dann nicht dazu käme, dass man hier zu Schadensersatzansprüchen kommt.

Bisschen anders sieht es sicherlich aus, was die Plusauflagen angeht. Ja, da äh, könnte es durchaus Anhaltspunkte, äh geben, dass man sagt, ah, da, wusste man möglicherweise auch schon bei Vertragsschluss nen Bischen mehr – ähm aber da ist es so, dass man sich eben vergleichsweise geeinigt hat und äh dafür eine Regelung getroffen hat, auch dahingehend, dass die Beklagte hinsichtlich der durch die Plusauflagen entstandenen Schäden voll und ganz einsteht. Ja, und und äh der Vortrag jetzt hier der Klägerseite, dass man bei Kenntnis… dass die Beklagte dies von Anfang an gewusst hätte, sich nur anders verglichen hätte, äh auch dann liegt die Beweislast für die Kausalität bei ihrer Seite. Auch dazu kann ich mich nicht zu ner Überzeugung durchringen, denn es ist ja eine vollständige Schadensfreistellung dann letztlich vereinbart worden und man hat die Probleme eben im Vergleichswege aus der Welt geschafft und auch dort sehe ich eine Arglist nicht.

Der Fall hat sehr viel Potential, ja, sie können das gerne mit ihrem Anwalt besprechen und da kommt sicherlich auch sich zu überlegen, ins Rechtsmittel zu gehen. Es ist ja nicht das erste Urteil dieser Art, es sind sehr viele Urteile gefallen, es ist dann ihre Sache, ja, die Risiken zu bewerten. Meine Bewertung ist jetzt hier so ausgefallen, das Weitere kommt dann in der schriftlichen Urteilsbegründung. Ja, und damit schließe ich diesen Verkündungstermin und wünsche ihnen eine guten Tag.“