Eine Bankrotterklärung der deutschen Justiz.

Hier ist die mündliche Begründung des Richters Dominik Reith bei der Urteilsverkündung am 29.10. 2021:

Verkündungstermin der 15. Kammer, Landgericht Berlin, am 29.10.2021. 

Transkript der Stenographischen Mitschrift.

Dominik Reith als Einzelrichter verkündet:

„Es erscheinen bei Aufruf für die Klägerin deren Geschäftsführer sowie Herr Rechtsanwalt Schrader. Punkt, neuer Absatz. Gut, dann erheben sie sich bitte zur Urteilsverkündung.

Es ergeht im Namen des Volkes das folgende Urteil:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Bitte nehmen Sie Platz.

So, kurz, äh, zur Urteilsbegründung:

Es ist ja nicht, nicht das erste, das erste Urteil dieser Art, deswegen habe ich mich auch im Urteil auf bereits ergangene Urteile, äh, beziehen können.

Es ist hier im, äh, Schadensersatzrecht so, äh, dass der, dass die Klägerin, äh, die Anspruchsbegründenden Voraussetzungen, äh, die Beweislast trägt, das heißt auch, dass sie die Beweislast dafür trägt, äh, dass es äh tatsächlich, äh, so gewesen ist, äh, dass dieser Veräußerungsvertrag nicht ordnungsgemäß erfüllt worden ist. Dass hier also tatsächlich nur eine leere Hülle, äh, an sie veräußert werden konnte. Und hier hat auch schon im Vorverfahren das Kammergericht ähm ausgeführt und das war ja auch die Linie der Berliner Rechtsprechung, dass davon nicht sicher ausgegangen werden kann, weil es eben doch in Betracht kommt, äh, dass die Veräußerungskette so war, dass hier diese beiden streitgegenständlichen Verlage zu Volkseigentum geworden sind, nämlich durch erst eine Übertragung an die SED/PDS und dann in einem zweiten Schritt, äh, dann in das Volkseigentum und dass es nicht so war,  dass es hier beim ersten Rechtsträger, dem Kulturbund quasi immer verbleiben ist.  Ja die, die ganzen Vorgänge sind so verworren und  äh, schwer aufzuklären, dass ich mir hier diese, diese Gewissheit nicht verschaffen konnte. Man muss auch sagen, auch die Frankfurter Rechtsprechung, die im Ergebnis anders geurteilt hat, hat aufgrund einer Beweislastentscheidung entschieden. Nur, dass dort eben die Beweislastverteilung andersherum war. Und daraus erklärt sich dann, äh, diese unterschiedlichen Bewertungen eines Falles, sodass auch ich hier der Meinung war, dass hier eine Nichterfüllung als Grundvoraussetzung eines Schadens, äh, nicht sicher bewiesen ist.

Äh, ein weiterer Punkt ist, weshalb ich zur Klageabweisung komme – das hat auch schon mal das Landgericht Berlin so gesehen – äh, dass die Ansprüche ganz einfach auch verjährt sind. Die Feststellungsklage hätte schon deutlich, äh, früher eingereicht werden können und auch eingereicht werden müssen, äh, da hier der Klägerin und der für sie handelnden maßgeblichen Personen, hier der Geschäftsführung eben doch schon seit vielen Jahren bekannt ist, äh, dass es hier bei dieser Veräußerung Probleme gegeben haben könnte. Dass das mit Rechtsunsicherheiten einhergeht und man nicht sicher sagen kann, wie die Rechtslage ist, hindert nicht daran, dass die Erhebung einer verjährungshemmenden Feststellungsklage zumutbar ist. So dass ich hier auch von einer Verjährung, äh, der Schadensersatzansprüche ausgehe. Und letzten Endes ist es auch so, äh, dass es für mich nicht erkennbar ist, dass hier von Seiten der Beklagten tatsächlich eine Pflichtverletzung, äh, begangen worden ist, was hier die Veräußerungsgeschichte der Verlage angeht. Sie haben ja hier, äh, auf ne wirklich große Zahl, äh, an, an, äh Dokumenten, äh, verwiesen und, und vorgetragen, äh, aus denen sich auch viel ergibt, aber aus denen sich vor allen Dingen ergibt, dass Zweifel, äh, daran bestehen konnten, äh, ob, ob die SED/PDS wirksam auch weiterübertragen hat in Volkseigentum – aber das ist hier nicht die Haftungsvoraussetzung. 

Ne, die, die kausale Voraussetzung für, für äh, diese Klageforderung ist, dass der erste Übertragungsakt nämlich vom Kulturbund, dass der gescheitert ist. Ja, und die ganzen Dokumente, die, zum zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses und vor dem Vertragsschluss vorgelegt worden sind, die begründen keine Zweifel daran, dass es, dass, äh, oder keine Umstände, dass man hätte daran zweifeln müssen, dass die SED/PDS hier Eigentümerin als Nachfolgerin des Kulturbundes geworden wäre. Die Dokumente, wo diese Zweifel aufgeworfen sind, die sind erst deutlich nach Vertragsschlie… Vertragschluß aufgetaucht und erst später auf diesen auch erst dort, äh, entstanden. Ja, das ergibt sich ganz klar aus den Datierungen der jeweiligen Dokumente, ja, sodass ich auch selbst wenn man die Verjährung hinten anstellt und wenn selbst wenn man unterstellt, dass diese Rechtsgeschäfte als leere Hülle schiefgegangen sind, dass ich selbst dann nicht dazu käme, dass man hier zu Schadensersatzansprüchen kommt.

Bisschen anders sieht es sicherlich aus, was die Plusauflagen angeht. Ja, da äh, könnte es durchaus Anhaltspunkte, äh geben, dass man sagt, ah, da, wusste man möglicherweise auch schon bei Vertragsschluss nen Bischen mehr – ähm aber da ist es so, dass man sich eben vergleichsweise geeinigt hat und äh dafür eine Regelung getroffen hat, auch dahingehend, dass die Beklagte hinsichtlich der durch die Plusauflagen entstandenen Schäden voll und ganz einsteht. Ja, und und äh der Vortrag jetzt hier der Klägerseite, dass man bei Kenntnis… dass die Beklagte dies von Anfang an gewusst hätte, sich nur anders verglichen hätte, äh auch dann liegt die Beweislast für die Kausalität bei ihrer Seite. Auch dazu kann ich mich nicht zu ner Überzeugung durchringen, denn es ist ja eine vollständige Schadensfreistellung dann letztlich vereinbart worden und man hat die Probleme eben im Vergleichswege aus der Welt geschafft und auch dort sehe ich eine Arglist nicht.

Der Fall hat sehr viel Potential, ja, sie können das gerne mit ihrem Anwalt besprechen und da kommt sicherlich auch sich zu überlegen, ins Rechtsmittel zu gehen. Es ist ja nicht das erste Urteil dieser Art, es sind sehr viele Urteile gefallen, es ist dann ihre Sache, ja, die Risiken zu bewerten. Meine Bewertung ist jetzt hier so ausgefallen, das Weitere kommt dann in der schriftlichen Urteilsbegründung. Ja, und damit schließe ich diesen Verkündungstermin und wünsche ihnen eine guten Tag.“